FLORENCE KAHN: MEINE JÜDISCHE KÜCHE
»Votre Traiteur de la Gastronomie Yiddish« steht an der Ladenfront des Geschäfts von Florence Kahn: Schon von draußen sieht man fast nur appetitliches Backwerk, das in den Regalen der Schaufenster aufgestapelt liegt, verlockende Kuchen mit Nüssen, Schokolade oder Obst, Brownies, Strudel und Kleingebäck, daneben auch Mohn- und Sesam-Bagel, Kümmelbrot und Hefezöpfe, Piroggen und Blätterteigtaschen mit Gemüse- oder Schafskäsefüllung. Zu den Verkaufsschlagern des Delikatessengeschäfts gehört das superleckere Pastrami-Sandwich, trotz der Falafel-Imbiss-Konkurrenz rundherum in der belebten Rue des Rosiers.
Der schöne Eckladen an der Rue des Ecouffes ist ein echter Blickfang: Die historische weiß-blaue Mosaikfassade von 1932 mit der Inschrift »Traiteur Boulangerie Pâtisserie« steht unter Denkmalschutz (und ein Foto davon wurde für Vorsatz- und Nachsatzpapier im Kochbuch und als Hintergrund auf dem Cover verwendet). Für mich ist der Feinkostladen von Florence Kahn bei jedem Paris-Besuch ein Muss – nicht nur, weil ich oft im Marais wohne. Eigentlich esse ich lieber Salat als Kuchen und grundsätzlich lieber Salziges als Süßes, aber um die jüdischen Spezialitäten von Käsekuchen mit Pistazien oder Sauerkirschen über Beerenstrudel bis zu Schokoschnitten, Babkès, Mohnkuchen und Mandelbroit komme auch ich nicht herum.
Im Kochbuch »Meine jüdische Küche« gibt es jetzt die passenden Rezepte dazu, von der Inhaberin persönlich. Für ihre Rezeptsammlung hat sie vor allem in der Zubereitung recht einfache Köstlichkeiten herausgesucht, um zu zeigen, dass Kochen weder kompliziert sein muss noch lange dauert. Auch Anfänger kommen sicher gut zurecht mit den Anleitungen der unaufwendigen, meist für 6 Personen berechneten Familienrezepte, zudem bietet der Ullmann-Verlag das 144 Seiten umfassende Buch zum recht niedrigen Ladenpreis von 12,99 € an. Wer sich für die jüdische Küche interessiert, der sollte daher unbedingt einen Blick in dieses großformatige, mit ansprechenden Fotos ausgestattete Buch werfen, das aus dem Französischen übersetzt wurde und seit 2016 in einer deutschen Ausgabe erhältlich ist.
Einige Klassiker der jüdischen Küche sind enthalten, vom beliebten Kichererbsenpüree Hummus bis zu Matzeknödeln, auch allzu Selbstverständliches wie Zaziki findet sich. Doch abgesehen davon ist die Rezeptauswahl für zwei Gruppen besonders interessant – vor allem Hobbybäckerinnen und Vegetarier finden hier Anregungen. Ersteren lege ich vor allem die gehaltvollen Schoko-Schnitten (bis auf 2 EL Maisstärke ohne Mehl!) und den Aprikosenstrudel ans Herz, sowie alle Cheesecake-Varianten (allerdings sind Pistazien in Kilogramm-Mengen nicht gerade auf Zwei-Personen-Haushalte ausgelegt). Letzteren dürften Auberginen- und Paprikapüree, die zitronigen Lauch-Bratlinge, die pikante Spinatquiche und der knusprige, mit Kreuzkümmel gewürzte Zucchinistrudel schmecken. Das Kapitel »Herzhaftes Gebäck« enthält auch Rezepte für Bagel und Zwiebel-Pletzl, nur für Blini bevorzuge ich Varianten mit Buchweizenmehl, sodass ich das Rezept hier erst gar nicht ausprobiere.
Florence Kahn: Meine jüdische Küche, h.f. ullmann Verlag
Delicatessen Florence Kahn, 24 rue des Ecouffes, 75004 Paris, Mi–So 10–19 Uhr
www.florence-kahn.fr