EIN EXISTENZSICHERNDES EINKOMMEN FÜR FRAUEN

Wirtschaftliche Unabhängigkeit: Mehr als jede zweite erwerbstätige Frau in Deutschland kann ihren Lebensunterhalt nicht langfristig allein bestreiten. Für echte wirtschaftliche Unabhängigkeit ist es wichtig, nicht nur im aktuellen Monat finanziell klarzukommen, sondern auf Dauer im gesamten Lebensverlauf. Voraussetzung für eine eigenständige Existenzsicherung ist ein Einkommen, das nicht nur während der Berufstätigkeit absichert, sondern es ermöglicht, auch für Phasen der Arbeitslosigkeit, Elternzeit oder andere Veränderungen der familiären Situation und das Alter vorzusorgen. Gerade veröffentlichte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erschreckende Zahlen: 53 Prozent der arbeitenden Frauen verdienen nicht genug, um Rücklagen aufzubauen und ausreichend in Sozialkassen und Versicherungen einzuzahlen, die sie während einer Arbeitsunfähigkeit, bei einem Jobverlust oder für den Ruhestand absichern (Download der Studie: https://frauen.dgb.de/++co++bf41405a-e55b-11ef-9765-3585419c1970). Zu ergänzen: Die Zahlen der DGB-Studie beziehen sich nur auf abhängig Beschäftigte. Selbständige fehlen ebenso wie nicht erwerbstätige Frauen, dabei ist heute eine Ehe kein Garant mehr für eine lebenslange Absicherung.

Armutsrisiko: Zu den Gründen zählt laut DGB, dass Frauen in Deutschland ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger als Männer unterbrechen (etwa für Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen). Sie arbeiten zudem in deutlich größerer Zahl in Teilzeit oder Minijobs. Auch der Gender Pay Gap spielt eine Rolle, ihre Löhne und Gehälter sind im Durchschnitt niedriger. »Deshalb haben beschäftigte Frauen deutlich seltener als Männer ein existenzsicherndes Erwerbseinkommen«, so der Gewerkschaftsbund. Schlechter bezahlt wird gerade in den Berufen und Branchen mit hohem Frauenanteil – das gilt nicht nur für Alten- und Krankenpflege, Reinigungs-, Verkaufs- und andere Dienstleistungsjobs, sondern ebenso für Buchhandel und Verlage, wie ich anhand meiner Gehaltszettel und Rente bestätigen kann. Letztere liegt trotz durchgängiger Berufstätigkeit von der Schulzeit bis zum Ruhestand gerade mal 20 € über der Armutsgrenze (2024 betrug der Schwellenwert 1378 € für eine alleinlebende Person).

Was ist zu tun: Steuerliche Fehlanreize wie das Ehegattensplitting müssen abgeschafft werden, denn sie zementieren die finanzielle Abhängigkeit vieler verheirateter Frauen. Der Niedriglohnsektor muss »zurückgedrängt, die Tarifbindung erhöht und Lohnsteigerungen erreicht werden«. Gute und verlässliche Kinderbetreuung ist ebenso wichtig wie Familienfreundlichkeit in Unternehmen und Betrieben. Und unbedingt sollten sich Frauen stärker um ihre Finanzen kümmern: Also nicht die Geldfragen dem Mann überlassen, sondern Steuer, Altersvorsorge, Geldanlage selbst im Blick behalten. Schon bei der Berufswahl auch auf die Verdienstmöglichkeiten achten und nicht nur auf die Neigung. Und den Partner hälftig an der Care-Arbeit beteiligen.

 

Wie unabhängig sind Frauen in Deutschland? Zur Bedeutung existenzsichernder Beschäftigung für die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen

Hrsg: DGB-Bundesvorstand

Berechnung und Text: Dr. Irene Pimminger

Cover Studie Wie unabhängig sind Frauen in Deutschland?