BERGWEIN VOM HOHENNEUFFEN

Cool Climate: Feinschmecker, Gault Millau und Slowfood empfehlen das Weingut – drei starke Argumente, aber das stärkste sind die Weine und Obstbrände selbst. Entsprechend groß ist die Nachfrage nach Silvaner und Birnensecco, Riesling und Cuvée »Roter Jura«. Die Reben von Helmut Dolde wachsen am Rand der Schwäbischen Alb und müssen dem hier raueren Klima und der höheren Frostgefahr trotzen. »Bergweine« nennt der Winzer seine Erzeugnisse daher – mit über 520 Höhenmetern gehören seine Rebflächen zu den höchstgelegenen Deutschlands. Und das im Weinbau gefragte »Cool Climate« sorgt für filigrane, nicht zu alkoholreiche Weine.

»Hochlandkaffee« oder »Hochlandtee« gilt ja als Qualitätssiegel, weil die Produkte mehr Aroma haben – auch beim Wein wirkt sich die Lage positiv aus: Die großen Tag- und Nachtunterschiede der Temperaturen bilden die Voraussetzung für ausdrucksstarke Weine mit guter Säurestruktur und Fruchtigkeit. Denn warme Tage und kühle Nächte im Herbst sowie die lange Reifezeit kommen manchen Rebsorten entgegen. Während andere den Klimawandel beklagen, sehen sich die Winzer am Albtrauf als Gewinner: Früher war nicht mal gesichert, dass die Trauben die volle Reife erlangen – seit die Sommer wärmer werden, ist auch die Vegetationsperiode länger. Angesichts des Klimawandels womöglich bald ein Standortvorteil! Pessimisten sehen den Riesling ja schon nach Skandinavien ziehen …

Das Weingut Dolde hat einige feine Silvaner im Sortiment. Die Rebsorte wird in Württemberg vorwiegend im Kocher-Jagst-Tauber-Gebiet und im Oberen Neckartal angebaut – insgesamt wächst die Sorte mit etwas rückläufiger Tendenz auf knapp 140 Hektar. Hedwig und Helmut Dolde, Beurener Str. 16, 72636 Frickenhausen-Linsenhofen, Tel. 07025 / 49 82, www.doldewein.de, Weinverkauf: Do 16–19 Uhr, Sa 10–13 Uhr

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Hohenneuffen: Zu Füßen der Burg  stehen die Reben in Reih und Glied – weitab von den klassischen Weinregionen Württembergs gedeihen hier Reben in »Höhenluft«. Der Hohenneuffen konkurriert mit dem Hohentwiel nahe dem Bodensee um den Titel des höchstgelegenen Weinbergs in Deutschland. Reichen die Reben am Südhang des Ersteren bis in 562 Meter Höhe, so zeigt eine Hinweistafel hier an der Neuffener Schlosssteige »530 m ü. NN« an – Württembergs höchsten Weinberg.

Schon von weitem sieht man die Burgruine auf ihrem weit vorspringenden Felsen thronen. Die trutzige Landesfestung Hohenneuffen, deren Geschichte über 900 Jahre zurückreicht, ist eines der beliebtesten Ausflugsziele in Württemberg – denn herrlich ist die majestätische Lage und grandios der Blick hier vom Albtrauf weit ins Land. Auf der größten Burgruine Süddeutschlands wurden im Jahr 1948 mit der »Dreiländerkonferenz« die Weichen gestellt für den Zusammenschluss der drei südwestdeutschen Länder Südbaden, Württemberg-Hohenzollern und Württemberg-Baden. Von der Öffentlichkeit ungestört konnten die Ministerpräsidenten hier debattieren, gut bewirtet mit »Täleswein«. 1952 wurde das Bundesland Baden-Württemberg politische Wirklichkeit. Im Burgrestaurant weist man übrigens darauf hin, dass uralte Lagerlisten einen Weinbestand von 30.000 Litern für die Burg verzeichnen – bei 20 Mann ständiger Besatzung. Vermutlich kamen die Grafen und Herzöge, nach ihren Jagdausflügen von Durst geplagt, auch gerne zum großen Gelage vorbei.

Täleswein aus Neuffen: Familie Dolde ist nicht die einzige, die hier Wein erzeugt. Zur Großlage Hohenneuffen mit rund 72 Hektar gehören neun Orte am Rande der Schwäbischen Alb, darunter neben Neuffen auch Metzingen. Mit den Einzellagen Metzinger Hofsteige und Neuffener Schlosssteige haben die beiden mehr als zwei Drittel Anteil daran. Die Weine vom Fuß der Schwäbischen Alb werden als »Täleswein« vermarktet. Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck, Kelterplatz 8, 72639 Neuffen, Tel. 07025 / 31 50, www.weingaertner-neuffen.de, Mo-Fr 15-18 Uhr, Sa 9-12 Uhr

Petra und Thomas Bächner bauen seit 2007 eigenen Wein, vor allem Silvaner, Kerner, Riesling, unterhalb von Burg Hohenneuffen an, seit 2011 auch vollständig biologisch zertifiziert. »510 NN« heißt der Spätburgunder nach der »Höhenlage« seines Wachstums. Sulzweg 4, 72581 Dettingen, Tel. 07123 / 920511, www.weingut-baechner.de, Weinverkauf nach Vereinbarung.

Bildschirmfoto 2016-07-08 um 14.13.04Mehr Infos zur Weinregion Württemberg:

Gabriele Kalmbach, Traumziele für Weingenießer. 101 Highlights entdecken und genießen, Oertel und Spoerer 2015