UMWELTBEWUSST UNTERWEGS IN FRANKREICH

Volle Kraft voraus: Kreuzfahrten sind beliebt wie nie zuvor, seit das Preisniveau den Urlaub auf dem Schiff erschwinglich macht. Rund-um-die-Uhr-Bespaßung und 24-Stunden-Büffets – immer mehr Urlauber entscheiden sich für diese Art der »All-inclusive-Ferien«. Gefragt sind vor allem Rundfahrten im Mittelmeerraum, aber auch in Bordeaux legen jährlich mehr Kreuzfahrtschiffe an. Mit geradezu unglaublichen Zuwächsen steigen die Passagierzahlen, und einer aktuellen Studie des Deutschen Reiseverbands (DRV) zufolge sind die Deutschen mit 2,5 Mio. Buchungen (2016) Kreuzfahrt-Europameister, gefolgt von den Briten. Zum Vergleich: Im Jahr 1995 waren es nur 309.000, 2005 schon 965.000 Passagiere. Auch bei Flusskreuzfahrten sind nach den Klassikern Donau, Rhein, Elbe auch Seine und Rhône verstärkt gefragt. Doch wer umweltbewusst nach und in Frankreich unterwegs sein will, der sollte dies so lange nicht mit dem Schiff tun, wie diese Dreckschleudern mit giftigem Schweröl betrieben werden und (sogar mehr als Flugzeuge) mit CO2-Emissionen und Schadstoffen die Umwelt belasten.

Beispiel Bordeaux: Fast autofrei ist die Innenstadt – mit Tram, Leihrädern und Elektroautos setzt Bordeaux ganz auf sanfte Verkehrsmittel und Slow Tourism – was die Besucher ausgesprochen begeistert annehmen. Das knapp 60 Kilometer und mehr als 100 Haltestellen umfassende Straßenbahn-Netz soll noch um eine vierte Linie sowie die Verlängerung der Linie A bis zum Flughafen erweitert werden. Ohne Einschränkung kann sich Bordeaux die fahrradfreundlichste Stadt Frankreichs nennen, mehr noch, sie zählt zu den Top Ten weltweit. Über das VCub genannte System mit 167 Stationen stehen rund 1700 Leihfahrräder zu günstigen Tarifen für Einwohner und Besucher zur Verfügung. Für ganz Fußfaule sind Sightseeingtouren auch im elektrischen Tuktuk möglich. Teil des Nahverkehrsnetzes ist zudem die Navette fluviale, der Batcub genannte Bootsshuttle, der im Zickzack zwischen beiden Ufern auf der Garonne verkehrt. Die Pendelboote können mit denselben Tickets wie Tram und Bus genutzt werden. Auch die Abfalltrennung wird leichtgemacht – an vielen Stellen stehen Sammelcontainer für Papier-, Glas- und Plastikmüll (übrigens im Unterflursystem, das sich in Deutschland leider noch nicht durchgesetzt hat: Die eigentlichen Sammelcontainer sind unterirdisch installiert, nur die (kleinen) Einwurfsäulen stehen oberirdisch.). Was Ferienwohnungen angeht, ist das Angebot in der Innenstadt bislang überschaubar – noch favorisiert Bürgermeister Alain Juppé eine gute Mischung von Hotels, Mietapartments für Touristen und Chambres d’hôte (Gästezimmer bei Privatleuten). Zum Problem wird Wohnraumzweckentfremdung immer dann, wenn aus wenigen Individualtouristen ein Massenphänomen wird – das kann Bordeaux durchaus bevorstehen, seit die Stadt in Rankings allenthalben zur »Best Destination« gekürt wird.

Frankreich vorweg: Zumindest beim Umweltschutz! Denn auch Straßburg, Paris und Nizza setzen auf den Ausbau der Tram, und seit Jahren schon ist Vélib, der Radverleih in der französischen Hauptstadt, eine Erfolgsgeschichte, die in der Metropole kurz vor dem Verkehrskollaps wieder Menschen zum Radeln brachte. Es folgten E-Autos und gegenwärtig steht der Klimaschutz ganz oben auf der Agenda der Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Bis zu den Olympischen Spielen im Jahr 2024 soll auch das Wasser der Seine wieder zum Schwimmen geeignet sein – 2017 wurde das erste Flussschwimmbad im Bassin de la Villette eröffnet (die Wasserqualität des Canal Saint-Martin gilt bereits jetzt schon als ausreichend). Auch beim Verbot von Plastik hat Frankreich die Nase vorn, zumindest im Vergleich mit dem Nachbarn Deutschland: Seit Juli 2016 sind Einweg-Plastiktüten verboten, nur für die dünnen Obst- und Gemüsetüten galt noch eine Übergangsregelung. Frankreich ist damit eins der ersten Länder, das für den Umweltschutz solche gesetzlichen Regelungen trifft. Übrigens: Bereits seit Anfang 2016 dürfen Supermärkte unverkaufte Lebensmittel nicht einfach in Mülltonnen entsorgen. Bei mehr als 400 Quadratmetern Verkaufsfläche müssen die Lebensmittel als Spende an eine karitative Organisation gegeben werden. Um die Umwelt zu schonen, fallen ab 2020 auch Einweggeschirr und -besteck aus Kunststoff unter das Verbot. Plastikbecher und Verpackungen müssen dann aus biologisch abbaubarem Material sein. Umweltministerin Ségolène Royal (2014–2017 im Amt) dachte schon weiter: Geplant hatte sie ein Verbot von Mikrokügelchen aus Plastik in Kosmetika. Hoffentlich stehen auch Plastik-Getränkeflaschen auf der Agenda ihres Nachfolgers Nicolas Hulot! Frankreichs bekanntester Umweltschützer kündigte jedenfalls schon mal die Schließung von Atomkraftwerken an, sprach sich kritisch über die heilige Kuh Auto aus und gilt auch als Gegner von Gentechnik, Massentierhaltung und »gaz de schiste« (Schiefergas / Fracking) – man darf gespannt sein.

Faustregeln: Packen Sie Stoffbeutel für den Lebensmitteleinkauf ein – das belastet Ihr Gepäck so gut wie nicht. Und am besten auch noch eine Trinkflasche, in die Sie Leitungswasser umfüllen können. Kaufen Sie lose Ware auf dem Wochenmarkt, um Verpackungen einzusparen, oder halten Sie Ausschau nach Unverpackt-Läden (daybyday-Läden gibt es in Bordeaux, Paris, Straßburg und anderen französischen Städten). Verzichten Sie auf die Anreise mit dem Flugzeug und schauen sich stattdessen auf dem Hin- und Rückweg noch andere Gegenden oder Städte in Frankreich an. Oder wählen Sie gleich die umweltfreundlichere Bahn. Ich war an der ganzen Côte d’Azur zwischen Marseille und Nizza mehrfach mit der Bahn unterwegs, das kann ich nur empfehlen – preiswert, pünktlich und die leidige Parkplatzsuche entfällt. Suchen Sie auch Ihre Unterkunft nach nachhaltigen Kriterien aus – wenn das Ökohotel zu teuer ist, tut’s vielleicht auch die Übernachtung in der Öko-Jugendherberge wie zum Beispiel die Auberge de Jeunesse Yves Robert in Paris.

Zahlen und Fakten zum Reisemarkt: www.drv.de

Lesetipp: Frank Herrmann, FAIRreisen. Das Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen.

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