DIE ILE DE NOIRMOUTIER

GASTBEITRAG VON DR. CHRISTOPH FISCHER Vielleicht so etwas wie eine Liebeserklärung: Ich kannte sie nicht. Ich wusste auch nicht genau, auf was ich mich einlasse. Das Ziel war Frankreich, und das ist immer schon einmal gut. Und dann eine Insel. Eine Insel ist für mich immer so, wie etwas zu verlassen, festen Boden unter den Füßen, auf irgendetwas zu landen, sich auf irgendetwas einzulassen, das ein wenig unsicher ist, vielleicht. Ein Gefühl eben, realistisch ist das vermutlich nicht. Es ist auf jeden Fall immer etwas anderes als der Kontinent, auf dem man jeden Tag mehr oder weniger motiviert herumläuft.

Auf diese Insel an der Atlantikküste Frankreichs kann man über die alte Straße fahren. Über die Passage du Gois, aber das ging nicht, weil Flut war. Was gut war, weil wir ja den Atlantik sehen wollen. Also über die Brücke auf die Ile de Noirmoutier. Diese Insel ist klein. Und trotzdem viel größer als man denkt. Wir sind in Noirmoutier-en-l’Ile, dem Zentrum der Insel gelandet, ein Zimmer am Bois de la Chaize. Wir haben Räder geliehen und sind über die Insel gefahren. Einmal unterbrochen von einer Partie Golf auf dem Festland, ansonsten immer nur mit den Rädern unterwegs.

Am schönsten ist der Hafen in Noirmoutier. Mittags und abends im Bistro zu sitzen, wunderbar, und alles an sich vorbeiziehen zu lassen. Noch schöner allerdings ist der Hafen von L’Herbaudière, acht oder zehn Kilometer von Noirmoutier entfernt. Anzukommen und davon zu träumen, an dieser Stelle ein Gemäuer zu besitzen. Geht mir immer so, wenn ich auf einer Insel bin. Wunschvorstellungen.

Die Ile de Nourmoutier war neu für mich. Durch die Salzwiesen zu radeln, dort, wo die Menschen seit Jahrhunderten schon Salz gewinnen aus dem Wasser, und es für wenig Geld verkaufen. Oder die Austernbänke zu besuchen, wo die Menschen Austern züchten, um sie für etwas mehr Geld zu verkaufen. Es ist viel Gastronomie entstanden auf der Insel, aber es gibt trotzdem auch immer noch Menschen, die von etwas anderem leben als davon, anderen Menschen Speisen und Getränke auf den Tisch zu stellen. Das tröstet ein wenig, wenn man an andere Inseln denkt.

Diese Insel ist anders. Wenn man im Mai oder Juni dorthin fährt, trifft man ein Eiland an, das nicht völlig überlaufen ist, sondern entspannt, lässig, mit gut gelaunten Einheimischen und Urlaubern. Saisonbeginn, das scheint bei allen die Stimmung zu heben. Oder vielleicht auch nur den Winterschlaf zu beenden, wer weiß … Man wünscht sich, dass dies noch lange so bleiben möge. Und weil fast nur Franzosen (und ein paar Belgier) auf der Piste sind, muss man sich auf Französisch durchschlagen. Wie schön! Was für eine wunderbare Sprache das doch ist, immer wieder.

Auf der Rückfahrt war wieder Flut, beim nächsten Mal kommen wir bei Ebbe, dann über die Passage du Gois. Wir sind also wieder über die Brücke gefahren und weiter Richtung Süden, Ziel Bordeaux, und gleich wieder auf eine Insel: Die Ile d’Oléron. Aber die Ile de Noirmoutier, die hat einen festen Platz in meinem Kopf. Eine Insel, unerwartet anders, schön, die Leute liebenswert. Als wir gefahren sind, begann gerade das Hafenfest von Noirmoutier (tolles Plakat als Ankündigung, Chapeau!). Sie haben am Hafen ein großes Zelt aufgebaut. In diesem Zelt kann man nicht etwa Getränke kaufen, oder fantastisch zubereiteten Fisch. Nein, Bücher kann man da kaufen. Die Insel ist eben anders. Ganz anders. Wir kommen wieder.

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